1 Zuletzt bearbeitet von W. Frings (30.11.2015 10:47)

Thema: Lagerdruckschwankungen durch Kavitation/Hydrodynamik

Mani schreibt innerhalb eines anderen Themas u. a:

Pepe
<<<Anmerkung zum Öldruckverlauf bei kaltem Motor: Ich habe auch mal an diesen Stellen gemessen, weil ich in einem bestimmten Drehzahlbereich (ab 2000 rpm) und Temperaturbereich des Öles, so 30-40°C, Kavitationsjaulen  im letzten Lager mit Öldruckabfall im Hauptstrang habe. Es hat sich herausgestellt, dass -wohl aufgrund extrem schlechter Lagergeometrie- unter diesen Bedingungen das Lager Öl saugt und schließlich auch Luft aus den Kipphebellagern. 
Es ist denkbar, dass der Saugeffekt bei korrekter Lagergeometrie ebenfalls besteht, aber nicht so ausgeprägt ist und sich wie in Deinem Fall durch eine deutlichere Reduzierung des Öldruckes bei ebenjener Viskosität bemerkbar macht.>>>


Frings
___N'Abend Mani,

Du schreibst <<< ... Kavitationsjaulen  im letzten Lager mit Öldruckabfall im Hauptstrang habe. Es hat sich herausgestellt, dass -wohl aufgrund extrem schlechter Lagergeometrie- unter diesen Bedingungen das Lager Öl saugt und schließlich auch Luft aus den Kipphebellagern.  >>>

___Das gibt es nicht! Die Kipphebel haben - über den Daumen gepeilt - einen Weg von 30° bis zur Umkehrung. Da entsteht nur ein minimaler, über - geschätzt - 25 Winkelgrade halbwegs tragender hydrodynamischer Filmaufbau. Das reicht aber für Kavitation kaum aus.
Und wenn, würde die Kavitation keinen saugenden Effekt aufbauen, sondern einen pulsierenden. Alos ca. +/- Null.


<<<Es ist denkbar, dass der Saugeffekt bei korrekter Lagergeometrie ebenfalls besteht, aber nicht so ausgeprägt ist und sich wie in Deinem Fall durch eine deutlichere Reduzierung des Öldruckes bei ebenjener Viskosität bemerkbar macht.>>>

___Nein! Denn der geringere Kaltdruck überstreicht den gesamten Drehzahlbereich. Mit steigender Blocktemperatur steigt dann auch der sekundäre Druck.

Dies ist einfach zu erklären: Erst wenn die konstruktiven  Bauteilpassungen stimmen, ist das rechte Lagerspiel gegeben. Motorenkonstruktionen bezogen sich früher auf eine angenommene Betriebstemperatur von 80 °C. (Heute legt man höhere Werte zugrunde.)  -


Dennoch ist Dein Hinweis auf Druckschwankungen für mich interessant. Denn mein Perfo hat seit dem Kauf vor 59.000 km die Eigenart, daß der Öldruck während der Beharrungsfahrt sporadisch für eine halbe Sekunde um 1,5 bar sinkt. Mir fällt nichts, aber auch wirklich nichts ein, woher das rühren mag.


Pepe
<<<Hallo Werner,
habe mich missverständlich ausgedrückt: Ich meine Kavitationsjaulen im hintersten Hauptlager, nicht im Kipphebellager. Um der Sache auf den Grund zu gehen, habe ich die Steigleitung zum Zylinderkopf mit einem transparenten Schlauchstück unterbrochen. Damit war sichtbar zu beobachten: In dem bestimmten Drehzahlbereich und Viskositätsbereich des Öles wandert zunächst das Öl aus dem Zylinderkopf zurück und wenn die Luft im Hauptlager ankommt, beginnt es zu jaulen.>>>

_ _ _


N'Abend Mani,

da hast Du mir aber einen (schönen) grübelreichen Nachmittag beschert. Nachschlagen meiner Tribologieunterlagen, Telefonate mit einem Kollegen von der Hydraulik und einem ehemaligen Fordkollegen vom Motorenbau. Es ist schlichtweg immer wieder faszinierend, dieses Zusammenspiel von Kohäsion, Polarität und Hydrodynamik in Gleitlagern!

Das, was Du schreibst, tritt tatsächlich gelegentlich auf. In dem von Dir beschriebenen sehr gravierendem Ausmaß aber nur, wenn mehrere schlechte Parameter zusammenkommen.

In der Tat ist die Lagergeometrie der KW-Hauptlager schlecht. Da man das damals nicht besser wußte, hat man - nachdem man die Schädlichkeit von Schmierölnuten erkannt hatte - die Lagebreiten deutlich überdimensioniert. Genau das ist der Knackpunkt!
...

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Technische Grüße vom Aachener Rand,
Werner

2 Zuletzt bearbeitet von W. Frings (30.11.2015 13:27)

Re: Lagerdruckschwankungen durch Kavitation/Hydrodynamik

...

Einflüsse haben

a) der hydrodynamische Filmaufbau. Und zwar exakt jene Stelle im Lager, ab der der "Druckberg" bei Beginn der Rotation infolge Kohäsion zu entstehen beginnt. Ich nenne sie zum einfacheren Verständnis "Leeseite". (Die folgende Adhäsion bewirkt den Öltransport zum Druckpolster und dessen Aufbau.) Exakt dort entsteht Unterdruck.
Auch wenn die Filmdicke nur wenige 1/1000 mm beträgt, ist das Fangvermögen / die flutende Ölmenge nicht zu vernachlässigen. Lagerfläche cm² X Umlauf in m/sec = durchaus eine Menge, die das geringe Ölvolumen in der Steigleitung zur Kipphebelwelle beeinflußt.

b) die Kavitation. Die hat schon tonnenschwere Schiffschrauben und hydraulische Hochdruckzylinder bersten lassen. Gesetzt der Fall, daß sie im hinteren KW-Lager tatsächlich entsteht, muß zuvor eine Unregelmäßigkeit hinzukommen. Beispielsweise minimal gezogene Luft. Das kann auch im Zusammenhang stehen mit zu reichlichem Lagerspiel (hier spielt auch der Pleuel eine Rolle) oder - wahrscheinlicher - Kurbelwellenschwingungen. Löst ein Luft- oder Ölgasbläschen (Ölqualität!) die Kavitation im Lager aus, kann es durchaus trockenlaufen und würde sich bei längerem Lauf in diesem kritischen Bereich zerstören.

Der hinter der Ölpumpe verbliebene (statische) Druck im hinteren Kurbelwellenlager ist gleich dem Druck von dort zur Kipphebelwelle. Entsteht in dem Lager Kavitation, wird Öl aus der Steigleitung angesaugt; da die Kopfschmierung ein offenes System darstellt, folgt Luft hintennach.

Da das von Dir beschriebene "Phänomen" an diesem Motortyp nicht auch von anderen Fahrer beobachtet wurde, kann ein direkter konstruktiver Fehler ausgeschlossen werden. Somit hat Dein Motor eine Abweichung von der Serie. Das kann ganz simpel eine Verringerung  des Lagerumfanges sein, beispielsweise durch Schleifen neuer Lagersitze, und schon verschiebt sich der kritische Bereich in den Bereich der Nutz-/Betriebsdrehzahl.

Simpler Tip: Verlängere die Steigleitung zum Zylinderkopf oder vergrößere deren Innendurchmesser. Das größere Volumen behebt zwar nicht die Ursache, schwächt jedoch deren Auswirkung ab.


<<<wenn Du willst, könnte ich den Öldruckabfall mit Video und genauerer Randbedingungen dokumentieren, damit Du das mit Deinem Fall vergleichen kannst..>>>

___Ja, interessiert mich sehr!

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Technische Grüße vom Aachener Rand,
Werner

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Re: Lagerdruckschwankungen durch Kavitation/Hydrodynamik

Hallo Werner,
hoffe Du hattest schöne Tage und einen guten Rutsch. Habe einen Film gedreht und würde ihn Dir gerne in einer Cloud zur Verfügung stellen, habe aber keinen Email Kontakt..

4

Re: Lagerdruckschwankungen durch Kavitation/Hydrodynamik

@ werner: s.u. - falls Du noch Interesse hast.

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Re: Lagerdruckschwankungen durch Kavitation/Hydrodynamik

Tach Mani,

mein Interesse an Technik ist unbegrenzt!

via aerosynth@fuchs-schmierstoffe.de

Technische Grüße vom Aachener Rand,
Werner