Thema: Patina versus "Patina"
Hallo Oldtimerfreunde,
ich möchte hier ein Diskussionsthema eröffnen und 'Ferdi' zitieren:
<<< ... Nicht nur durch diese Ausstellung haben sich meine Zweifel sehr verstärkt, ob das Neulackieren unserer alten Fahrzeuge richtig ist. Nichts gegen Erhaltungs- und Konservierungsmaßnahmen, insbesondere bei alltäglich genutzten Fahrzeugen, aber die alten Lacke haben ebenso Ihren technisch historischen Kulturwert und ihre Informationen und Geschichten wie jede Schraube und alles andere an unseren alten Fahrzeugen auch. Außerdem gibt es heute alle Möglichkeiten, alte Lacke zu erhalten und dennoch nachhaltig zu schützen.
Die Entscheidung liegt natürlich bei jedem selbst. Wenn ich allerdings meine Traction heute noch einmal von Anfang an restaurieren müsste, würde ich den alten Lack erhalten und nicht jede Beule und optische Macke ausmerzen.>>>
Das sehe ich vergleichbar. Nicht so knapp erhaltend, dass das Auto gerade noch läuft, die Technik sollte schon perfekt sein. Bei der Optik können sich dann aber die Welten scheiden - 11/15 CV als Hochzeitswagen oder als Gangsterlimousine?
Als sich mein blendendes Auto sehr schnell nach den Kauf (mit warmem Herzen!) als Totalrestaurationskandidat entpuppte, habe ich nicht geknausert, sondern - da letztendlich alles vom Bodenblech bis zum Himmeldach herausgeflext wurde - dann auch Nägel mit Köpfen gemacht beziehungsweise machen lassen. Die vollständige Neulackierung wollte ich mit Nitrolack machen lassen, fand aber in Deutschland keine Lackiererei, die bereit war, diesen gesetzeswidrigen Lackauftrag zu machen.
In Holland fand sich dann eine junge Karosseriewerkstatt, die dies, ohne lange zu überlegen, versprach. Das wurde dann alsbald auf als 'nicht machbar' reduziert. Wir einigten uns auf eine Kunstharzlackierung. Der Lackierer wollte mich entweder nicht verstehen, oder hat mich tatsächlich in der 6-monatigen Restaurationszeit falsch verstanden, jedenfalls hat er das Auto "als Überraschung" mit mehreren Schichten Klarlack überzogen.
Zugegeben, das sah, für sich betrachtet, toll aus. Für einen 60-jährigen Gangster war dies jedoch eine Faust aufs Auge. So schieden wir geschwollenen Kammes und korrespondierten dann noch etwas unnütz her und hin. Der eine wollte Restgeld, der andere wollte Gangsterflair.
Letztes Jahr habe ich dann tatsächlich den großen Schritt gewagt, und den Hochglanz mit 4000-er Naßschleifpapier, Prilwasser und Mattierpaste gebrochen. Der Arbeitsaufwand ist groß; um den Glanz wegzubekommen, bedarf es erheblich mehr Zeit und Mühe, als den Klarlack draufzunebeln. (Denn die Vorgehensweise ist recht diffizil, weil es viel zu beachten gibt.) Anschließend wird der Lack mit silikonhaltigem Lackpfleger behandelt, und schon lächelt ein seidenmatt changierendes Auto unter'm Sonnenhimmel, dem anzusehen ist, dass über all die Jahrzehnte mit viel Mühe versucht wurde, den alten Lack zu erhalten.
Soviel zu Ferdis nachdenklich machenden Satz <<< ... haben sich meine Zweifel sehr verstärkt, ob das Neulackieren unserer alten Fahrzeuge richtig ist.>>>
In meine Fall war eine Komplettlackierung unumgänglich. Nachträglich habe ich halt die Neulackierung "patiniert". Die Reaktion des Umfeldes murmelte "verrückt", aber auch "schön erhaltener Altlack".
Ist alles Geschmacksache. In diesem Fall sozusagen eine gefälschte Patina.
In diesem Sinne,
weiterhin glänzende Ausfahrten!
Werner